Berlin 1936

Bildquelle: Siedler Verlag
Berlin 1936
von Oliver Hilmes
304 Seiten
1. Aufl. 2016
Siedler Verlag
ISBN: 978-3-8275-0059-5
19,99€

Lebendige Geschichte 
informativ, nachdenklich und intensiv
über eine Zeit die viele von uns nur noch aus Erzählungen kennen

1936 
Olympische Spiele in einer Zeit in der der Schrecken schon sichtbar war.
Die meisten von uns kennen diese Zeit nicht mehr. Um so wichtiger ist es sie lebendig zu halten, damit nicht vergessen wird. Dabei kommt es gar nicht so sehr darauf an die schlimmen Dinge nicht zu vergessen sondern das Leben wie es war. Das ganz "normale" Leben in dieser auch politisch anstrengenden, gefährlichen Zeit.
Für mich war der Zugang zu diesem Buch etwas besonders. 1936 ist nicht nur das Jahr in dem meine Mutter 1 Jahr alt war und meine Tante geboren wurde. 1936 ist eben auch das Jahr der olympischen Spiele, an denen mein Großvater teilnahm.
Das Coverbild mit dem Titel viel mir ins Auge und erinnerte mich gleich an die Familienerzählungen. Ich wurde neugierig. Was sich wohl hinter diesem Titel verbergen würde?
Mich hat das Buch sofort in den Bann gezogen. 
Oliver Himes schreibt in einer besonders fesselnden, intensiven Weise. Er erzählt Geschichten  über die Zeit vom 01. bis 16. August 1936 die immer auch viel Informationen einbinden und vermitteln. 16 Tage in denen Deutschland sich anders zeigt als es wirklich zu dieser Zeit war. Es gibt keine Anzeichen von Judenverfolgung oder Judenhass. In den Kneipen wird Musik gespielt. Es herrscht Großstadtflair wie es interessanter nicht sein könnte und das was Deutschland in Wirklichkeit  bevorsteht war kaum wahrnehmbar. Die perfekte Täuschung für die Welt.
16 Tage in die er uns chronologisch mit nimmt.
Es ist 80 Jahre später kaum vorstellbar, das es Hitler und seinen Anhängern so gut gelungen ist trügerische Ruhe zu vermitteln.
Unglaublich wie die Nazis die Olympischen Spiele 1936 für ihre Propaganda missbraucht haben und die Welt perfekt täuschte.
Hilmers führt uns noch einmal in diese 16 Tage. Dabei beginnt jedes Kapitel gleich, nämlich mit dem Wetterbericht. Banal? Ja, vielleicht aber genau das war es was der Welt in dieser Zeit vermittelt werden sollte. Normalität. Doch Hilmers schreibt für uns heute. Fügt Fotos zum Tag mit ein und lässt uns in die Anweisungen der Reichspressekonferenz blicken genauso wie in den Berliner Anzeiger und berichtet auch über Anweisungen der Behörden wie z.B. der Polizei.
Akribisch muss der Autor recherchiert haben um Material zusammenzutragen die genau diese 16 Tage beleuchten und festhalten dabei fügt er sogar Tagebuchauszüge Joseph Goebbels mit ein und lässt Menschen wie Du und Ich zu Wort kommen. Alles um ein Gefühl für die Zeit zu schaffen. Eine Zeit die mehr als besonders war auch im Hinblick auf das was noch kommen wird. Es sind kleine Erzählungen. auch lustige Geschichten die auf Eindrücke treffen von Leuten deren Namen oder auch Wirken wir kennen. Wie z.B. Thomas Mann oder auch Mascha Kaleko, die dem Hitler Regime bekanntlich sehr kritisch gegenüber standen.
Bei all dem unglaublich informativen , sachlichen Inhalten ist es kaum vorstellbar, das Oliver Hilmers eine Form findet, die erzählend und fesselnd ist wie ein Roman.
Geschichtsvermittlung auf diese Art spricht auch die Menschen an, die sich vielleicht inhaltlich sonst nicht diesem Buch zugewandt hätten.
Ich finde es ist ein Buch, das unsere Jugend ruhig auch mal in der Schule lesen sollte, denn es zeigt das Leben in all seinen Facetten. Menschlich und politisch und vermittelt so genau die Stimmung die damals , zumindest für 16 Tage, herrschte. 16 Tage Schein, 16 Tage in denen die Welt doch sehr von Hitler und seiner Partei hinters Licht geführt wird

Hier noch ein Auszug aus dem Klappentext:
........"Oliver Hilmes folgt Berlinern und Touristen, Sportlern und Künstlern, Diplomaten und Nazi-Größen, Nachtschwärmern und Showstars durch die fiebrig-flirrende Zeit der Sommerspiele und erzählt ihre Geschichten. Es sind Geschichten von Opfern und Tätern, von Mitläufern und Zuschauern. Es ist die Geschichte eines einzigartigen Sommers."

Ein tolles Buch, das auch geschichtlich Uninteressierten in den Bann ziehen kann!